Wien ist durch die natürlichen Gegebenheiten, d.h. das Wiental mit seinem Fluss, von einer den Stadtraum von Osten nach Westen querenden Freiraumachse geprägt. Damit ergibt sich eine der wichtigsten Frischluftschneisen der Stadt, die durch dicht verbautes Gebiet führt: So gelangt frische und kühle Luft bis in die innerstädtischen Bezirke!
Auf der Höhe des Rüdigerhofs (Hamburgerstraße 20) verschwindet der Wienfluss in einem Gewölbe, um erst im Stadtpark wieder ans Tageslicht zu treten. Die Regulierung des Wienflusses basiert auf einem vom Wiener Stadtbauamt angelegten Plan von 1891. Die Arbeiten erfolgten von 1895 bis 1903. Auf einer Länge von ca. 15 km von Weidlingau bis zur Ausmündung bei der Urania in den Donaukanal erhielt der Fluss ein aus Natursteinplatten gemauertes bzw. betoniertes Gerinne mit aus Naturstein errichteten Ufermauern und ab der Schönbrunnerbrücke mit den markanten Sonnenblumengittern, die auf Otto Wagner und seine Planungen für die Wiener Stadtbahn zurückzuführen sind.
1903-1906 wurde beim Stadtpark mit dem Wienflussportal von Friedrich Ohmann und Josef Hackhofer ein gestalterischer Höhepunkt in Formen des Jugendstils gesetzt.
Ebenso wie es seit einigen Jahren zwischen Hietzing und Weidlingau der Fall ist, sollte auch das Potential des innerstädtischen Wientals genutzt werden, um selbst im dicht verbauten Gebiet Flusslandschaft erlebbar zu gestalten. Möglich wäre dies, wenn sich die Stadt Wien mit dem Beginn der fast zwei Kilometer langen Einwölbungsstrecke auf der Höhe des Rüdigerhofs architektonisch, stadtplanerisch und künstlerisch auseinandersetzen würde. Hier könnte ein einzigartiger urbaner Freiraum, ein „Wasserpark“, entstehen, der unter Einbeziehung des kühlen Gewölbes mit einigen Öffnungen im Gewölbescheitel und entsprechender Begrünung des darüber liegenden Asphalts neue Maßstäbe hinsichtlich städtischen Naherholungsraumes in den mit Grünflächen wahrlich nicht verwöhnten Bezirken Wieden, Margareten, Mariahilf setzen würde. Von Vorteil ist, dass die Fläche des Naschmarktparkplatzes im Eigentum der Stadt Wien steht, die es daher in der Hand hat, diese letzte unbebaute Flächenreserve als nichtkommerziell genutzten Freiraum zur Verfügung zu stellen. Damit könnten die erheblichen Grünflächendefizite in diesen Bezirken beseitigt werden.
Nicht benötigt wird ein quer zur Windströmung errichteter architektonischer „Stoppel“ im Wiental, der fortan den Luftaustausch behindert. 2018 wurde im Auftrag der Stadt eine Hitzekarte der Stadt Wien erstellt, die verdeutlicht, dass die Bevölkerung von Margareten und Mariahilf in den Hitzeperioden extrem belastet ist. Für die Menschen dieser Bezirke ist die Entfernung zu großflächigen (!!) Freiflächen mit Aufenthaltsqualität besonders groß. Bereits 2011 versprach die Stadt Wien mit der Rahmenstrategie Smart City u.a. zusätzliche Erholungsräume entsprechend dem Bevölkerungswachstum, die Versorgung mit wohnungsnahen Grün- und Freiräumen in bestehenden Stadtvierteln und die Sicherung der natürlichen Bodenfunktionen durch Schaffung von unversiegelten Flächen.
Es wird Zeit, diese Versprechen einzulösen!
Genau das fordern wir, Offenlegung der Pläne, BedarfsErhebungen und wirklich transparentes BürgerInnenbeteiligungsverfahren!
Eine für alle Beiteiligten zufriedenstellende Lösung des Problemes gibt es zur Zeit nicht.
Der Naschmarkt sollte als Gesamtkonzept betrachtet werden, Einzellösungen wie die von der Stadt Wien gewünschte Überdachung sind nicht zukunftsweisend.
Eine breitere Diskussion in der Öffentlichkeit zb. im ORF Bürgerforum könnte neue Ideen und Vorschläge über die Nutzung um Umgestaltung der Flächen hervorbringen.
Peter Vinzenz
1060 Wien